„Mama, das ist der Seelsorger hier im Krankenhaus - der ist da und macht die Seelen froh“.
Ein Satz aus der Geschichte von Hubertus Busch aus dem Buch Trauer erschließen von Smeding und Heitkönig-Wilp drückt für mich aus, was ich in meiner Zeit als Seelsorgerin im Hospiz erlebt habe. Hier durfte ich auch immer wieder die Erfahrung machen, dass ich Menschen, bei allem Schmerz und aller Traurigkeit, ein wenig froh machen konnte. Sie fühlten sich ernst genommen, gesehen und wertgeschätzt in ihrer Situation. Manchen Menschen reichte es wenn ich ihnen einfach nur zuhörte, andere wiederum wollten sich einfach nur über Gott und die Welt unterhalten, wieder anderen tat es gut, wenn ich mit ihnen betete. Einmal wünschte sich ein Gast, dass ich mich mit ihm auf die Terrasse setze und einfach nur 10 Min. schweigend mit in den Wald schaute. Erst nach seinem Tod habe ich erfahren, dass er Schamane war. Während der Begleitung waren wir uns sehr nahe. Vielleicht weil auch ich so ein naturverbundener Mensch bin.
Und an manchen Tagen war es notwendig, bei allem seelischen Schmerz ,einen ehrlichen Blick auf die Dinge zu werfen. Wenn jahrelange schwierige Familiengeschichten das Sterben erschwerte, war es schon auch mal notwendig einfach nur ohnmächtig da zu sein, mit auszuhalten oder aber auch etwas anzubieten, was den Blick und das Herz öffnen konnte.
Ich bin eine Frau die authentisch und ehrlich im Hier und Jetzt bei den Menschen ist. Ich weiß was es heißt 35 Jahre verheiratet zu sein, 5 Kinder groß zu ziehen und auf das Leben vorzubereiten. Ich durfte in allem Freude erfahren, mußte aber auch so manche Krise durchleben, die mich letztlich zu einer sehr großen Dankbarkeit geführt hat. Das ganze "pralle" Leben eben. All diese Erfahrungen finden bei den Menschen die ich begleite Resonanz, weil sie das auch aus ihrem Leben kennen. Ich kann gut mit Aushalten, auch mal einfühlsam konfrontieren wenn nötig, und wenn gewünscht, bin ich mit meiner eigenen Überzeugung im Glauben an einen „G*tt in allen Dingen“ an der Seite des Menschen. Und ich glaube, das haben diese Menschen im Hospiz gespürt. Für mich ist es nicht wichtig, ob jemand an einen Gott glaubt, einer Kirche angehört oder religiös ist. Für mich ist der Mensch wichtig, mit allem was da ist. Jedes mal bevor ich in das Zimmer eines Gastes eingetreten bin, wußte ich nicht was für ein Geheimnis mich jetzt erwartet. Es ist für mich diese Haltung, jeden Menschen in seinem Geheimnis zu begegnen.
Was die Frage nach Spiritual Care/ Seelsorge oder Beides betrifft, so bin ich überzeugt davon, dass in Zukunft die Zusammenarbeit innerhalb eines multiprofessionellen Teams, immer mehr in den Blick genommen werden sollte.
Um dem „Total pain“, wie ihn Cicely Saunders bezeichnet hat, zu begegnen, ist es absolut notwendig alle vier Säulen abzudecken. Die vier Säulen sind physisch, psychisch, sozial und spirituell. Denn körperlicher Schmerz vermischt sich mit seelischem Schmerz und umgekehrt. Um hier Schmerzen zu lindern, ist es notwendig ganzheitlich darauf zu schauen.
Diesem Ansatz können hauptamtliche Seelsorger/Innen die zusätzlich in der Gemeindearbeit tätig sind und nur einmal in der Woche vorbeikommen, nicht gerecht werden. Es benötigt Zeit und Vertrauen um Beziehung aufzubauen, um dann gemeinsam im multiprofessionellen Team herauszufinden, wie man dem Schmerz des Patienten begegnen kann. Hier konnte ich gut mit meinen Erfahrungen und allem was mich als Mensch, als Frau ausmacht, da sein und Aushalten. Es braucht dazu Erfahrung im Leben, Empathie, eine Ausbildung in KSA (Selbsterfahrung) und in der Seeslorge, Geistliche Begleitung. Aber es benötigt kein Studium der Theologie! Für mich persönlich benötigt es eine Theologie mit dem Verständnis von "verbunden sein mit G*tt". Aus dem Griechischen theos; G*tt und logos das Wort. Für mich ist diese Rückbindung und Verbundenheit an und in diesen G*tt sehr wichtig, ohne das ich das bei der Begleitung von Menschen ins Wort bringen muß.
Fühlt sich der Mensch gesehen, wertgeschätzt und verstanden, ganz angenommen, so wie er/sie ist, dann ist das für mich Seelsorge/Spiritual Care und die führt letztlich zur Linderung der Schmerzen.
Manchmal können Schmerzmittel reduziert werden, wenn die Seele mit allem was da ist, auch ihr Gesicht zeigen darf.
So wie in der vorliegenden Geschichte, wenn die Seele wieder froh ist, dann wird es uns wieder leichter ums Herz, und so mancher Schmerz lässt sich besser aushalten.