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verflochten

Wenn die Rinde weg ist, oder die Wunde offen liegt

Aktualisiert: 26. Feb.


Mein Handschmeichler - ein Engel aus Holz, der mich in meinen Ausbildungen gefunden hat und mich seitdem begleitet. Er liegt warm und glatt in meiner Hand, schmiegt sich in meine Handmulde während ich in Gesprächen bin mit den Menschen die ich begleite. Oder wenn ich ihn während eines Spaziergangs durch den Wald, mit meiner Hand in der Hosentasche kreisen lasse.

Dieser Engel ist für mich nicht nur ein Stück Holz. Er hat mich auf Anhieb angezogen und ich habe mich ihm von Anfang an sehr verbunden gefühlt, deshalb ist er in der Regel immer bei mir.

Wieder bei mir! Denn ich hatte ihn während einer schweren Zeit meiner Freundin ausgeliehen. Meiner Freundin, die viele Jahre an Krebs gelitten und dann ihren Mann, der an Hirntumor erkrankt war, gepflegt hat. Nachdem er gestorben war, ist sie ihm nach 8 Monaten gefolgt. Das war eine furchtbar traurige Zeit und ich konnte nichts tun, als da zu sein, ihr meinen Engel ausleihen und mit Aushalten.



Dazu ein kurzer persönlicher Hintergrund:

Am Samstag war ich mit einem Teil meiner Familie im Wald, das uns der Förster zugeteilt hat um Liegeholz für den Winter herauszuholen. Mit dem Traktor und vereinten Kräften haben wir die Baumstämme von unten nach oben gezogen. Und dabei kamen mir Erinnerungen hoch, an meine Freundin und ihrem Mann, die Beiden haben unseren Kindern so viel Verbundenheit mit der Natur und der Freude an einem alten Fendttraktor hinterlassen. Da auch ich mich mit dem Wald und dem Holz so verbunden fühle, spüre ich hier eine sehr große Dankbarkeit für meine Freunde, meine Kinder, meine Familie ja, und für das Leben - das so sehr verletzlich ist.


Und hier entdecke ich in dem Holz mit

seiner Rinde, welches das Holz umgibt und schützt, so viele Parallelen zu uns Menschen und unserem verletzlichen Leben und verletzlichen Kern. Das Holz wird von der Rinde umgeben und gibt ihm Schutz. Hält den wahren Kern, die Schönheit des Holzes verborgen.

Wir, die wir uns schützen und unsere Wunden nur ungern zeigen, sind auch umgeben von einem Schutzmantel.

Das erlebe ich auch oft in der Begleitung von Menschen. Es benötigt Zeit um vertrauen zu können. Aber wenn der Zeitpunkt erreicht ist, die Schale abzulegen und auf die Wunden zu blicken, kann Heilung entstehen. Dann kann das Kernholz, die Schönheit des Menschen, wie bei meinem Engel zum Vorschein kommen. Und das berührt mich dann immer ganz besonders. Da spüre ich so viel Lebendigkeit, Verbundenheit mit dem Menschen aber auch etwas Größerem. Ich nenne das Größere "Ich bin da". Ich bin da, ich kenne Deinen Schmerz, Deine Verletzlichkeit, Deine Wunde, ich fühle mich Dir ganz nahe, weil auch ich diese Wunden am Kreuz erfahren habe.

Heute lesen wir den Text vom Johannesevangelium 20, 24-29. Die Geschichte vom zweifelnden Thomas, der unbedingt seine Finger in die Wunden Jesu legen möchte, weil er sonst nicht glauben kann. Und Jesus lässt das zu- Was für eine große und tiefe Liebe!!!


Für mich gibt es nichts intimeres, als wenn mich jemand seine Wunden sehen lässt und wenn ich mit ihm, dem Geheimnis Mensch, ein Stück des Weges gehen darf. Hier liegt für mich eine tiefe Schönheit des Menschen und des Lebens verborgen.

Um diese Schönheit entdecken zu können, benötigt es meine Bereitschaft, mich auf meine und Deine Wunden einzulassen um dem Geheimnis Leben immer näher zu kommen. Und ich bin überzeugt, wir werden in diesem Schmerz gehalten, so wie dieser Engel mich hält und ich ihn halte.



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