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Sicherheit finden

Aktualisiert: 26. Feb.



Und wieder versuche ich hier in diesem Beitrag eine Geschichte aus dem

Buch "Aus Liebe zum Leben" von Rachel Naomi Remen durchzubuchstabieren.


Diese Geschichte heißt


Sicherheit finden.


Wie sicher ist das Leben? Das Leben ist alles andere als sicher. Von einer Sekunde auf die andere, kann sich unser Leben schlagartig verändern. Eine schwere Krankheit, ein Unfall, ein plötzlicher Tod...

und unser Leben ist nicht mehr das, was es vorher war.



In dieser Geschichte Sicherheit finden, schildert Rachel Naomi die Begleitung des jungen und todkranken Mann Bill. Sie hat ihn kennengelernt durch die Integrität, mit der er um sein Leben kämpfte und mit der er letztlich starb. Und wo er Sicherheit gefunden hat.


--- Am Sterbebett von Bill, sitzt Rachel Naomi mit Mary, der Frau von Bill. Obwohl es keine Hoffnung mehr für ihn gab, warteten sie auf das Ergebnis der Ärzte, ob sich doch noch eine Möglichkeit für das Leben finden lässt. Die Last der Angst war im Raum zu spüren.

Rachel Naomi fragte Bill, ob er sich an einen Ort erinnern könne, wo er sich sicher gefühlt habe. Ohne zu zögern begann er zu erzählen...und dann erinnerte er sich an ein Geschichte, die sich vor über 50 Jahren ereignete. Er war damals 5 Jahre alt. An einem Fluss entlanglaufend, der über das Ufer getreten war, sah er eine Regenbogenforelle, die in einer Pfütze ums Überleben kämpfte. Mit seinen 5 Jahren spürte er, dass hier etwas gar nicht in Ordnung war und ohne zu zögern hat er mit seinen kleinen Händen die Forelle gepackt, sie über den Weg getragen und wieder in das Wasser gesetzt.

Tief bewegt fragte Rachel Naomi ihn woran er sich bei dieser Sache am klarsten erinnern könne. Und er antwortete, er erinnere sich an den Augenblick,


wo der Fisch in seinen Händen gemerkt hatte,

dass er wieder ein Teil des Flusses war.


Rachel Naomi beschreibt dann in ihrem Buch weiter, dass jede Geschichte viele Bedeutungsebenen hat. Weiter erzählt sie, dass es verschiedene Praktiken im Buddhismus gebe. Und eine davon soll die Erleuchtung und das Versprechen der Freiheit feiern. In Asien gibt es Länder, wo Menschen lebende Fische auf dem Markt kaufen und sie dann wieder in ihr Gewässer zurückbringen.


Diese Fische symbolisieren die Möglichkeit der Rückkehr zur Quelle, zu jener größeren Freiheit, die unsere wahre Zuflucht und unsere Heimat ist.


Bill war kein Buddhist- Er wusste nichts von alldem. Er war Architekt, Freund, Ehemann, und ein Vater. Aber in seinem Innern gab es, wie in unser aller Inneren, etwas, das tiefer ging als all diese Identitäten, einen unbewussten Teil, der sehr alt war. Wenn wir still halten und lauschen können, dann spricht es unmittelbar zu uns. So wie hier zu Bill, ohne dass Bill selbst davon wusste. Weiter beschreibt Rachel Naomi in ihrem Buch, dass Bill ihnen vielleicht unbewusst diese Geschichte erzählte, um ihnen deutlich zu machen, wo Bill wirklich im Strom des Lebens schwamm, oder, sogar noch wichtiger, um uns wissen zu lassen, dass entgegen allem äußeren Anschein alles in bester Ordnung war. ---



Mich berührt auch diese Geschichte von Rachel Naomi Remen wieder zutiefst. Wie oft erlebe ich in der Begleitung von Sterbenden, dass hier etwas geschieht, was nicht in meinem Ermessen steht, ich staune und wundere mich, wie Menschen ihrem Tod entgegen gehen können. Welch großes Vertrauen im Grunde dieses Menschen liegt, der sich auf den Weg gemacht hat...wie sich eine tiefe Verbundenheit einstellt mit der Quelle, aus der sich unser Leben speist. Zurückzukehren in den Fluss.

So wie...

der Fisch in seinen Händen gemerkt hatte,

dass er wieder ein Teil des Flusses war.


Ich, die ich zurückbleibe bin traurig, voller Schmerz und fühle mich ohnmächtig, wenn ich mich von einem mir lieben Menschen verabschieden muss. Nicht selten frage ich mich, warum vertraue ich nicht der Erfahrung, die ich in der Begleitung von Sterbenden schon so oft erlebt habe. Vielleicht, weil ich in manchen Momenten die Verbundenheit zu meiner Quelle wieder einmal verloren habe?


Immer wieder durfte ich schon erleben, ja, da gibt es etwas, etwas das mich hoffen lässt, so wie in der Geschichte von Bill. Dass der Mensch, der gerade geht, im wirklichen Strom des Lebens schwimmt und wirklich alles in bester Ordnung ist. Dieser Mensch ist zur Quelle zurückgekehrt, zu unserer Freiheit, die unsere wahre Zuflucht und unsere Heimat ist. Und da bin ich mir dann so sicher. Ich bin sehr dankbar, wenn ich auch immer wieder an dieser Sicherheit teilhaben darf. Das tröstet und stärkt mich, lässt mich hoffen, auf etwas Größeres, etwas Transzendentes, das ich nicht ermessen kann, aber immer wieder erfahren darf und mich mit großer Dankbarkeit und einem tiefen Frieden erfüllt.




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